Ein plötzlicher Notfall im Gebirge kann jeden treffen – sei es durch einen Sturz, einen plötzlichen medizinischen Notfall oder extreme Wetterbedingungen. In solchen Momenten ist es entscheidend, ruhig zu bleiben und gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um das Überleben zu sichern und schnellstmöglich Hilfe zu alarmieren. Doch wie verhältst du dich richtig, wenn du plötzlich in einer solchen Extremsituation steckst?
Situation analysieren und Gefahren realistisch einschätzen
Der erste Schritt in einem Notfall im Gebirge ist die sorgfältige Analyse der Situation. Nimm dir einen Moment Zeit, um dich zu orientieren und die Umgebung zu überprüfen. Wo befindet sich der Verletzte? Gibt es unmittelbare Gefahren wie Steinschlag, Lawinengefahr oder absturzgefährdete Bereiche? Verfalle keinesfalls in blinden Aktionismus, denn durch unüberlegtes Handeln kannst du schnell ebenfalls verunfallen – damit wäre niemandem geholfen! Daher gilt, dass der Eigenschutz zunächst Vorrang hat. Denn ohne dich selbst zu schützen, kannst du auch niemand anderem helfen.
Auf Notfälle vorbereitet sein
Sobald du dich ins Gebirge begibst, sei es für eine Wanderung oder ein Bergsteiger-Abenteuer, solltest du mental auf Unfälle und Notfälle vorbereitet sein. Die beste Grundlage für den Ernstfall ist eine gute Vorbereitung. Bevor du zu einer Bergtour aufbrichst, informiere dich über die Route, die Wetterbedingungen und die aktuellen Warnungen. Nimm außerdem ein Handy mit, speicher lokale Notrufnummern ein und kenne das alpine Notsignal, um im Zweifel auch ohne Empfang einen Hilferuf absetzen zu können.
Ein gut gepackter Rucksack mit Verbandskasten, Rettungsdecke, Taschenlampe, Notfallpfeife und ausreichend Nahrung und Wasser kann im Ernstfall überlebenswichtig sein.
Notruf absetzen
Sobald du Ersthelfer an einer Unfallstelle bist und die Situation einschätzen kannst, solltest du unbedingt den Rettungsdienst alarmieren. Solltest du lokale Rufnummern nicht kennen und auch nicht in dein Handy eingespeichert haben, wähle die 112. Die Kurzwahl gilt nicht nur in Deutschland und der Mehrheit der europäischen Länder, sondern vereinzelt auch in Asien oder Afrika. Selbst in den USA und Kanada kannst du die 112 wählen und wirst automatisch an die dort gültige 911 weitergeleitet.
Sobald du Telefonkontakt hast, solltest du dich auf die 5 W’s fokussieren:
- Was ist passiert?
- Wo befindet sich der Unfallort? (In abgeschiedenen Gegenden können dir auch die GPS-Koordinaten deines Handys weiterhelfen!)
- Wie viele Personen sind verletzt?
- Welche Art von Verletzung liegt vor?
- Warten auf Rückfragen
ABCD-Schema anwenden und bei der verletzten Person bleiben
Das ABCD-Schema hilft dir, systematisch und strukturiert Erste Hilfe zu leisten. Notiere es dir gegebenenfalls auf einem Blatt Papier oder drucke es dir, um dich daran im Ernstfall abzuarbeiten und nicht in Panik zu verfallen. ABCD steht für:
- A – Airway (Atemwege freimachen): Sorge dafür, dass die Atemwege des Verletzten frei sind. Überprüfe, ob der Mund frei von Fremdkörpern ist, und lege den Kopf vorsichtig in den Nacken, um die Atemwege zu öffnen.
- B – Breathing (Atmung prüfen): Kontrolliere, ob der Verletzte atmet. Sieh, höre und fühle nach Atembewegungen. Falls keine Atmung feststellbar ist, beginne sofort mit der Mund-zu-Mund-Beatmung.
- C – Circulation (Kreislauf): Überprüfe den Puls und achte auf starke Blutungen. Bei stark blutenden Wunden, die du nicht durch Druckverband stillen kannst, lege ein Tourniquet (Abbindesystem) an.
- D – Disability (Bewusstseinszustand prüfen): Kontrolliere, ob der Verletzte bei Bewusstsein ist und ob er auf Ansprechen reagiert. Schütze den Verletzten vor weiterer Schädigung.
Bleibe unbedingt bei der verletzten Person, bis Hilfe eintrifft. Deine Anwesenheit kann beruhigend wirken und du kannst lebensrettende Maßnahmen fortsetzen, falls sich der Zustand des Verletzten verschlechtert. Ist die Person ansprechbar, versuche ein Gespräch zu führen.
Blutungen stillen oder abbinden
Eine der häufigsten und gefährlichsten Verletzungen im Gebirge sind neben Knochenbrüchen starke Blutungen. Blutungen stillst du am besten durch direkten Druck auf die Wunde. Verwende ein sauberes Tuch oder deine Kleidung, um die Blutung zu stoppen. Wenn dies nicht ausreicht, um die Blutung zu kontrollieren, musst du ein Tourniquet anlegen. Dies geht bereits mit einem Stück Stoff und einem stabilen Stock oder Ast. Ein Tourniquet sollte etwa 5 bis 10 cm oberhalb der Verletzung angelegt werden, aber nie direkt über einem Gelenk. Ziehe es fest, bis die Blutung gestoppt ist. Merke dir die genaue Uhrzeit oder stoppe die Zeit, da ein Tourniquet nicht unbegrenzt angelegt bleiben darf.
Vor Kälte und Nässe schützen
Hypothermie, also Unterkühlung, ist eine ernste Gefahr im Gebirge. Selbst bei mäßigen Temperaturen kann der Körper bei Nässe und Wind schnell auskühlen. Decke den Verletzten mit einer Rettungsdecke oder einer zusätzlichen Schicht Kleidung ab. Wenn möglich, schütze ihn auch vor Wind und Feuchtigkeit. Verwende trockene Kleidungsstücke und halte ihn möglichst trocken. Warme Getränke (kein Alkohol!) können zusätzlich helfen, die Körpertemperatur zu stabilisieren.